Macht schon Sinn, in diesem Studiengang die wichtigen Aufsätze und Bücher zum Thema Inklusion gelesen zu haben. Nach einer Einführung in die Datenbankrecherche wendet sich das Seminar einschlägigen Texten aus Integrationspädagogik und Inklusionspädagogik zu. Der Schwerpunkt Inklusion ist exemplarischer Schwerpunkt der Veranstaltung. Dies bedeutet: Lese- und Recherchestrategien werden am Beispiel der Inklusionsdebatte vermittelt. Sie sind aber keineswegs auf das Thema Inklusion festgelegt, falls Sie sich entscheiden sollten, Ihre modulabschließende Hausarbeit bei mir zu schreiben.
Diese Veranstaltung richtet sich an Studierende der Heilpädagogik im 1. Semester (Modul 4)
Erste Sitzung
In der ersten Sitzung stelle ich mich und die Veranstaltungsplanung vor. Sie erfahren von mir, welche Standards gelten, wenn Sie sich für eine modulabschließende Prüfung bei mir entscheiden wollen. Und dann geht es gleich zur Sache: Wir werden ein Planspiel zur Umsetzung der UN-Behindertenrechts-Konvention spielen.
Zweite Sitzung
In der ersten Sitzung hatten wir auch gespielt. Ich hatte die Teilnehmer*innen gebeten, sich vorzustellen, Annalena Baerbock hätte das Seminar darum gebeten, 5 Sofortmaßnahmen für die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention zu entwickeln. Denn den Vereinten Nationen ist aufgefallen, dass es in Deutschland Umsetzungsprobleme gibt. Und deshalb gibt es keinen Kaffee mehr für die Deutschen, wenn sie sich in UN Gebäuden aufhalten – so lange, bis Deutschland ernsthafte Schritte unternimmt, die UN Behindertenrechtskonvention umzusetzen.
Dritte Sitzung
Der Podcast der dritten Sitzung informiert über den Integrationsbegriff und die Anfänge der deutschen Debatte zum Thema Inklusion.
Tab 1: Feuser (1999) : Integrative Pädagogik ist eine Allgemeine Pädagogik, in der |
alle Kinder in Kooperation miteinander auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau mittels ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen an und mit einem gemeinsamen Gegenstand spielen lernen und arbeiten |
Praxis der Inklusion und Integration Tab 18: Hinz, A.: Entwicklungswege zu einer Schule für alle mit Hilfe des Index für Inklusion. In: Z.f.H. 5/2004, 245-250 | |
Praxis der Integration | Praxis der Inklusion |
Eingliederung von Kindern mit best. Bedarfen in die Allg.Schule | Leben und Lernen in der Allgemeinen Schule |
Diff. System je nach Schädigung | Umfassendes System für alle |
Zwei Gruppen Theorie (mit / ohne sonderpäd. Förderbedarf) | Theorie einer heterogenen Gruppe |
Aufnahme von beh. Kindern | Veränd. d. Selbstverst. Schule |
Individuumzentrierter Ansatz | Systemischer Ansatz |
Fixierung auf die inst. Ebene | Beacht. d. em. soz. & unter. E. |
Ressourcen für K. mit Etikett. | Ressourcen für Systeme |
Individuelle Curricula f. Einzelne | Gem. & indivi. Lernen für alle |
Förderpläne für beh. Kinder | ein individ. Curriculum für alle |
Anliegen und Auftrag der Sonderpädagogik und Sonderpädagoginnen | Gem. Planung & Reflexion aller Beteiligter, Anliegen & Auftrag der Schulp. & Schulpädagogen |
Sonderpädagogik als Unterstützung für besondere Kinder | Sonderpädagogik als Unterstützung von Klassen- lehrer, Klassen und Schulen |
Ausweitung von Sonderpädagogik in die Schulen hinein | Veränderung von Sonderpädagogik und Schulpädagogik |
Kombination von (unveränd.) Schul- und Sonderpädagogik | Synthese von (veränderter) Schul- und Sonderpädagogik |
Kontrolle durch Expertinnen | Koll. Problemlösen im Team |
Abbildung 2: Behinderte Kinder in Regel und Förderschulen (Zahlen aus: STATISTISCHE VERÖFFENTLICHUNGEN DER KULTUSMINISTERKONFERENZ Dokumentation Nr. 217 – Januar 2019) | ||||
Regelschule 2000/2001 | Förderschule 2000/2001 | Förderschule 20016/2017 | Regelschule 20016/17 | |
Deutschland | 0,7 % | 4,6 % | 4.3 % | 2,8 % |
NRW | 0,4 % | 4,6 % | 4,6 % | 3,0 % |
Bremen | 2,6 % | 4,1 % | 1,2 % | 5,9 % |
Hamburg | 0,9 % | 4,9 % | 3,1 % | 5,7 % |
Berlin | 1,6 % | 4,2% | 2,8 % | 4,8 % |
Vierte Sitzung
Viele Studierende denken, Sie könnten Google und Google Scholar auch für wissenschaftliche Recherchen nutzen. Das funktioniert aber nicht. Denn Google informiert nicht neutral darüber, was zu Ihrem Thema veröffentlicht ist. Sondern Google entwickelt auf Basis Ihrer Suchen, Ihrer Käufe und Ihres Surfverhaltens der letzten Jahre Hypothesen darüber, was Sie interessieren könnte und wählt auf Basis dieser Informationen Homepages aus, die Sie interessieren könnten. Dies führt fast immer zu einseitiger Information. Ihre Recherche ist nicht für andere nachvollziehbar. Und einige besonders relevante Veröffentlichungen werden ausgeschlossen (z. B. aktuelle urheberrechtsgeschützte Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit Bezahlschranke).
Die dritte Sitzung versucht deshalb herauszufinden, welche Auswirkungen die Google Recherche auf die Ergebnisse der Recherche hat. Bitte bringen Sie hierzu digitale Endgeräte mit, mit denen Sie in letzter Zeit im Internet aktiv waren.
Hier ein passender Podcast aus meinem Fundus:
Falsch recherchieren
Leider ist es auch falsch, Bibliothekskataloge zu nutzen, um sich einen Überblick über den Stand der Forschung oder Theoriediskussion zu machen. Denn Bibliothekskataloge sind dafür gedacht anzuzeigen, welche Bücher oder Zeitschriftenaufsätze wo in einer Bibliothek gefunden werden können. Weil Bibliotheken fast nie alle Veröffentlichungen zu einem Thema Ihrer Wahl sammeln, sind Treffer einer solchen Recherche repräsentativ bestenfalls für die Beschaffungspolitik einer Bibliothek, also z. B. abhängig von den besonderen Interessen ihrer Nutzer*innen. Auch dies kann zu einseitiger Information führen.
Die vierte Sitzung befasst sich zunächst mit dem Thema Fragestellungen von Hausarbeiten. Hier ein passender Podcast aus meinem Fundus:
Fragestellungen von Hausarbeiten
Zweiter Schwerpunkt der vierten Sitzung ist das Thema Datenbankrecherche
Was ist die Alternative zu Google- und Katalogrecherchen? Fachdatenbanken bieten einige wichtige Vorteile gegenüber einer Google-Recherche oder einer Katalog-Recherche in einer Bibliothek Ihrer Wahl:
(1) Sie stellen eine nachvollziehbare Auswahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Ihrem Thema zur Verfügung, ohne dass ein Algorithmus unpassende Veröffentlichungen ausschließt.
(2) Sie werden nicht einseitig informiert – zumindest dann nicht, wenn sie Fachdatenbanken verwenden, die nur zu einer bestimmten Position informieren.
(3) Und der Anteil von gekaufter Wissenschaft oder unseriösen Positionen ist geringer.
Tab 2: Vorgehen bei der Literaturrecherche |
1. Schritt: Frage entwickeln 2. Schritt: Geeignete Datenbank auswählen (z. B.: FIS-Bildung für Pädagogik/Heilpädagogik, bidok für Inklusion, Pubpsych für Psychologie, Pubmed und für Medizin (ggf. auf Cochrane Library com prüfen), Juris für Recht, Eric für Recherchen im Bereich Pädagogik und Psychologie in den USA) 3. Schritt: Mit geeigneten Suchbegriffen suchen 4. Treffer dokumentieren (mit Suchbegriffen & Trefferzahl speichern) 5. geeignete Veröffentlichungen auswählen (gut geeignet für einen ersten Überblick: Handbuchaufsätze, Dissertationen, Metaanalyse, Überblicksbeiträge in Zeitschriften / selten geeignet: Kongressberichte, Festschriften) 6. Recherchieren, in welchen Bibliotheken nicht frei erhältliche Zeitschriften- oder Buchbeiträge 7. Bücher / Aufsätze beschaffen 8. Quellen bewerten (Hinweise auf Eignung bei Büchern: Publikation in seriösen/bekannten Verlag, erfolgreiches Durchlaufen eines Promotionsverfahrens, umfangreiche Verwendung von aktueller Literatur, faire und sachliche Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, Zitation durch andere Autoren / Hinweise auf Bedeutung von Zeitschriftenaufsätze: Publikation in Zeitschriften mit Gutachtersystem, Zitation durch andere Autoren) 9. Lesen – Zusammenfassen – in Beziehung setzen: Was sind wichtige Themen im Publikationsgebiet? Was ist strittig? Worüber besteht Konsens? Was ist gut erforscht? Wo bestehen Forschungslücken? 10. Ggf. im Internet ergänzend nach Online-Publikationen mit öffentlichem Auftraggeber, Zahlen von öffentlichen Institituonen (z. B. Statistisches Bundesamt/Landesamt, Ministerien o.ä.). Informationen von privaten Homepages, Homepages von Vereinen sind nur selten brauchbar. Lexika sind nur dann geeignet, wenn sie sich explizit an ein wissenschaftliches Publikum wenden. |
Tab 3: Vorgehen bei der Datenbankrecherche |
1. Was ist zu meinem Thema veröffentlicht (Datenbankrecherche)? Datenbank, Zugriffsdatum, Trefferzahlen und Auswahlstrategien dabei unbedingt präzise dokumentieren, 2. Inhaltlich passende Veröffentlichungen auswählen (z. B. nach Aktualität, Genre, bei empirischen Untersuchungen z. B. auch nach Stichprobenumfang usw.) 3. Bücher & Zeitschriftenbeiträge in Bibliotheken lokalisieren, ausleihen, kopieren oder digitalisieren |
Fachdatenbankrecherche
Fünfte Sitzung
Viele Datenbanktreffer sind nicht frei verfügbar. Also ist es sinnvoll, Zeitschriftenbeiträge oder Bücher in den Bibliotheken der Region auszuleihen. Auch hier ist ein bibliotheksübergreifendes Vorgehen sinnvoll. Denn , dass eine Bibliothek wirklich alle benötigten Zeitschriften oder Bücher hat, ist doch ziemlich unwahrscheinlich. Hier der passende Podcast aus dem letzten Semester. Bitte beachten Sie, dass Sie hier beim Nachvollziehen der Recherche zu anderen Ergebnissen kommen können. Denn in den letzten Monaten hat sich durchaus einiges getan. Die Werkzeuge sind aber immer noch dieselben: Bücher findet man mit überregionalen Bibliothekskatalogen. In NRW empfehle ich den HBZ Verbundkatalog. Und Zeitschriften findet man mit der (deutschlandweit arbeitenden) Zeitschriftendatenbank. Diese finden Sie u. a. auf der Bibliotheksunterseite der Ub Dortmund (ub.tu-dortmund de) unter „Suche und Medien“ und „Literatursuche“.
Literatur lokalisieren
6. Sitzung: Quellenbewertung
Hat man sich nun nach klaren und nachvollziehbaren Kriterien Buch oder Zeitschriftenbeiträge beschafft, geht es in eine, nächsten Schritt darum, die Qualität der Beiträge zu bewerten. Denn Veröffentlichungen können in wichtigen Verlagen erschienen sein, in unwichtigen Verlag oder sogar im Selbstverlag. Man sollte wissen, was On-Demand-Publishing ist. Auch Fake-Wissenschaft spielt in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle. Es ist deshalb wichtig zu wissen was ein Predatory Journal ist, was Papermills sind und wer als Predatory Publisher eingestuft wird. Beiträge aus Klone-Journals sehen so aus, als wären sie in einem angesehenen Verlag erschienen, sind es aber nicht.
Quellenbewertung
Siebte Sitzung
Wenn man empirische Studien liest, gibt es einige besondere Dinge zu beachten. Zunächst gilt, dass man niemals nur eine Studie betrachten sollte. Sondern man muss alle Studien betrachten, die in eine, bestimmten Zeitraum erschienen sind – auch die, die einem vielleicht nicht besonders gefallen.
Dies gilt auch für den exemplarischen Schwerpunkt dieses Seminars. Wer wissen will, ob Kinder mit Lernbehinderungrn besser in Förderschulen aufgehoben sind als in inklusiven Zusammenhängen braucht die Studien beider Seiten. Die Studien der Inklusionsanhänger*innen und die Studien der Inklusionsskeptiker*innen. Dieses Seminar stellt deshalb Studien aus beiden Lagern vor.
Den Anfang macht die Ginnoldstudie (Ginnold 2009. Übergänge von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus Sonder- und Integrationsschulen in Ausbildung und Erwerbsleben. In: Zeitschrift für Inklusion).Sie finden diese Studie u. a. bei Bidok oder, indem Sie Ginnold und den Begriff Übergänge mit der Suchmaschine Ihrer Wahl suchen.
Das erste, was ich normalerweise mir anschaue, ist die Stichprobe einer Untersuchung. Es geht also um die Frage, wie viele Menschen wie oft beobachtet, befragt wurden oder wie viele Menschen an Experimenten teilgenommen haben und wie diese ausgewählt wurden. Dabei ist vor allem die Methode der Stichprobengewinnung bedeutend.
Stichproben bewerten
Die Ginnold-Studie
Achte Sitzung
In der neunten Sitzung stelle ich Ihnen zur Abwechslung eine Studie von Inklusions-Skeptiker*innen vor. Die finden in einem Vergleich Berliner Förderschüler*innen (Lernen) und Inklusionsschüler*innen heraus, dass die Schüler etwa gleiche Leistungen zeigen. Die Förderschüler*innen liegen in einigen sogar vor den Inklusionsschüler*innen. Na klar, auch in der Bella-Studie gibt es Probleme. Aber so einheitlich fallen die Befunde der vergleichenden Inklusionsforschung eben nicht aus.
Die Bella Studie
Neunte und zehnte Sitzung
In der neunten Sitzung geht es weiter mit der Bewertung empirischer Studien. Auch, wenn es einigermaßen klar ist, worauf man achten muss (Design: Querschnitt oder Längsschnitt, Stichprobe: Umfang, Gewinnung & Rücklauf, Ergebnisse: Stärke der Zusammenhänge / Unterschiede), braucht es dennoch etwas Übung, um diese Aufgabe zuverlässig zu erledigen.
In der neunten und zehnten Sitzung steht – neben Studien aus studentischer Auswahl die Wocken-Studie Andere Länder – andere Schüler im Mittelpunkt der Betrachtung.
Hans Wocken: Andere Länder – andere Schüler
Elfte Sitzung
Auch die elfte Sitzung befasst sich mit der Bewertung von empirischen Studien. Im Mittelpunkt steht hier die wohl beste Studie aus dem Lager der Inklusionsbefürworter: Die IQB Studie von Kokaj et al.
Die Studie von Kokaj et al
Ihre Aufgabe: Bitte beschaffen Sie sich diese Studie (den Teilnehmer*innen der Sitzung vom 10.12. liegt dieser bereits vor), lesen diese und wenden das Gelernte an.
Der im Podcast erwähnte Link funktioniert allerdings nicht bzw. führt sie zu einer Seite, in dem man Ihnen den Beitrag verkaufen will. Eine frei zugängliche Fassung finden Sie, wenn Sie mit DuckDuckGo mit den Suchbegriffen „Kocaj Wo lernen Kinder“ suchen und z. B. denvon Researchgate.net verwenden.
Ihre Aufgabe, wenn Sie nicht an der Präsenzsitzung teilnehmen können: Bitte teilen Sie mir per Mail mit, ob Sie die Studie für überzeugend halten und was die Gründe für Ihre Einschätzung sind.
Zwölfte Sitzung (Online-Sitzung, 6.1.)
Auch die 12. Sitzung befasst sich wieder mit einer wichtigen Inklusionsstudie – dieses Mal erneut aus der Perspektive der Inklusionsskeptiker (Ahrbeck et al 2021)
Die Studie von Ahrbeck et al
Bitte werden Sie wiederum das Gelernte auf die Studie an. Ist die Stichprobe von Umfang, Gewinnung und Rücklauf her in Ordnung? Wie bewerten Sie die Ergebnisse?
Die 12. Sitzung stellt auch einen wichtigen Kennwert vor: Cohen´s Effekstärke bzw. Effektgröße (cohen´s d).
Cohen´s d
nach Tabelle 3.1.2 Vergleich der Fachleistungen Deutsch-Leseverständnis nach Schulformen (Lehmann & Hoffmann 2009, 51) | ||||
Mittelwert | Standard-abweichung | Fallzahl | Effektstärke d | |
Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen | 99,05 | 24,1 | 3058 | |
Schulen mit gemeinsamen Unterricht | 97,18 | 22,80 | 592 | |
… |
Die Tabelle 3.1.2 stammt aus der den Teilnehmer*innen der Präsenzveranstaltung bekannten Bella-Studie. Ihre Aufgabe: Berechnen Sie bitte Cohen´s d und lassen mir die Werte per Mail zukommen.